Achtsamkeit & Erlebnistiefe: Wege aus der Stress – Falle

Wenn wir an Achtsamkeit denken, assozieren wir damit meistens eine äussere Situationen. Wir sind sehr achtsam, wenn wir auf Glatteis gehen oder Gemüse schneiden. Interessant wird es, wenn wir die Achtsamkeit nach Innen verlegen. Dann kann sie zum Schlüssel werden, um aus der Stressfalle des Alltags herauszufinden und zu der Intensität zu gelangen, die wir als Lebensfreude bezeichnen.  Wenn wir die Achtsamkeit auf Gedanken oder Gefühle lenken, stellen wir fest, dass wir zum Beobachter dieser Gedanken und Gefühle werden. Ich kann dann entscheiden, entweder achtsam oder achtlos mit den eigenen Gedanken umgehen. Wenn man weiss, dass die Realität sich sowohl aus den bewussten als auch den unbewussten Gedanken ergibt, und die meisten unserer Gedanken unbewusst sind, realisiert man, wie gross das Potential ist. Eine US-Studie konnte nachweisen, dass Achtsamkeitsmeditation die Immunfunktion des Körpers nachhaltig verbessert. (Jon Kabat-Zinn, University of Massachusetts Medical School).

Achtsam sein heisst übrigens nicht, hoch konzentriert zu sein, sondern eher das Gegenteil: Kein Fokus, sondern eher Panorama-Perspektive; Weitwinkeleinstellung, statt Schärfenfokus. 

Wenn wir damit beginnen, es uns in der Zuschauertribüne der Achtsamkeit gemütlich zu machen und unsere Gedanken mit Abstand betrachten, passiert etwas Interessantes. Die Wirklichkeit und Erlebnistiefe wird intensiver, da unsere Sicht der Dinge nun nicht mehr gefiltert wird durch die subjektive Brille von  Vor-Urteilen, Ängsten, endlosen Wünschen oder anderen Gedankenformen. Dieses „Zeug“ ist zwar am Anfang immer noch da, wenn man Achtsamkeit zum zentralen Projekt seines Lebens macht, wird dann aber mit der Zeit immer mehr zum Hintergrundrauschen.
Mit Achtsamkeit im Hinterkopf erleben wie nun jeden Augenblick wesentlich intensiver. Schnell erkennen wir, was wesentlich ist und was nicht. Wir ersparen uns den inneren Monolog, der uns früher Tag für Tag mit Unsinn zugetextet hatte. Die Spaghettis schmecken wieder wie beim ersten Mal, und  wir entdecken beim Partner Aspekte, die wir vorher nie so wahrgenommen haben. Wir sind wirklich präsent, ohne Filter, ohne wenn und aber. Vollständig im Hier und Jetzt.
Jede Erfahrung hat eigentlich nur drei Elemente: Gedanken (inklusive der Bilder dazu), Emotionen und Körpergefühle. Verlieren wir uns also nicht in den Objekten unserer inneren Wahrnehmung. Gehen wir an den Ort der Achtsamkeit in unserem Gehirn – in den Hinterkopf – und schauen mit grosser Gelassenheit unserem „Kopf- und Gefühlskino“ zu.  Wenn wir dies tun, ergibt sich eine wichtige philosophische Frage: Wenn ich nicht meine Gedanken und auch nicht meine Gefühle bin (nehmen wir mal spasseshalber auch noch den Körper dazu), wer bin ich dann? Wer ist das, der all das wahrnimmt? 
Logische Antwort: Ich bin das Bewusstsein, das all das wahrnimmt. Denn alle Gedanken, Gefühle und Empfindungen erscheinen im Raum des Bewusstseins als „Objekte“. Deshalb betrachten wir am besten von nun an alle Gedanken, Gefühle und Empfindungen als flüchtige Phänomene unserer Wahrnehmung. Achtsames Bewusstsein ist der Raum, in dem all diese Phänomene entstehen und wieder vergehen. Je mehr wir uns in diesem Raum zu Hause fühlen, um so interessanter wird das Leben und zwar jeder Augenblick. 
Probieren Sie es einfach aus, wenn sie den Newsletter zu Ende gelesen haben. Konzentrieren sie sich für einen Moment auf den Hinterkopf, und von dort betrachten Sie mit entspannter Haltung alles, was so gerade in Ihrem Kopf abläuft. Je entspannter sie dabei sind, umso einfacher wird es sein. Klar, wenn Sie nicht entspannt sind, rutscht Ihr Bewusstsein wieder nach vorne auf die Bühne, sagt Ihnen, dass sie jetzt wirklich keine Zeit für so was haben, und schon sind sie wieder in der Stressfalle. Dann haben Sie vermutlich vergessen, dass sie ja eigentlich der Beobachter von all dem sind, was da gerade in Ihnen und um sie herum abläuft. 
Dieser „Switch“ von dem, der in seine Gedanken oder Gefühle verstrickt ist, zu dem, der sein eigenes „Affentheater im Kopf“ und den „Gefühlszirkus“ aus der Zuschauertribüne beobachten kann, der erfolgt durch Achtsamkeit. Also, probieren Sie es jetzt aus und schreiben sie mir, wie es läuft. Sie wissen ja, wenn`s nicht so gut funktioniert, gibt es da meine Seminare.

 

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