Burnout beginnt im Kopf

„Sich zu Tode zu arbeiten, ist die einzige gesellschaftlich anerkannte Form des Selbstmords“
Johann Freudenreich

Wer selber einmal Burnout erlebt hat oder am Rande des Burnout-Abgrundes gestanden ist, weiß dass da vorher schon etwas schief gelaufen war. Die frühen Symptome sind wie Übergewicht, man merkt es kaum. Im Anfang erlebt man nur manchmal Tage, an denen einem jegliche Lebensfreude abhanden kommt und das Grundgefühl zwischen mürrisch und übelgelaunt fluktuiert; und das ohne ersichtlichen Grund. Man findet oder erfindet dann was, worüber man sich aufregen kann.  In einem späteren Stadium wird es zur Grundstimmung. Ich erinnere mich gut daran, dass das Einzige was ich noch „ machen“ konnte der Existenz einer Topfpflanze ähnelte, die man auf ein Sofa gesetzt hatte. Jegliche Aufnahmekapazität war mir abhanden gekommen. Alles war anstrengend und weder sprechen, noch lesen, noch TV oder sonst irgendetwas stand auf meiner Aktivitätsliste, ich war ausgebrannt.

Einer der wichtigsten Erkenntnisse, die ich damals hatte, war die, dass es ok war, nichts zu tun.  Sie kam nicht von mir, sondern von einem Therapeuten, der mich begleitete. Als ich anlässlich eines Besuches bei ihm jammerte, dass mir der grösste Teil meiner Energie abhanden gekommen war und ich praktisch nichts mehr tun konnte, sagte er nur knapp.“ Ja, nichts tun, ist gut, das ist sehr gut,!“ Ich antwortete: „Ich finde das gar nicht gut.“ Seine Antwort:“Wenn die Batterien auf Null sind, wissen Sie wie lange es dauert, sie wieder vollständig aufzufüllen?“ Ich: „Keine Ahnung“ Er: „1-2 Jahre.“  Als ich wieder zu Hause war, setzte ich mich brav auf mein Sofa und tat gar nichts. Er hatte mir die Erlaubnis gegeben Nichts zu tun und die Erkenntnis dazu, wie wichtig es ist, die „Batterien wieder aufzuladen.“  Mein Vorteil damals war vielleicht im Vergleich zu Anderen, dass ich bereits einige Methoden kannte, wie man das Nichts-Tun mögichst angenehm gestalten kann und mit welchen Techniken ich die Batterien wieder schnell aufladen konnte.

Der wichtigste Aspekt jedoch, das wurde mir damals klar, lag in unbewussten, mentalen Einstellungen mir selbst und Leistung gegenüber. Da musste es einen Mechanismus geben, der mich dazu gebrachte hatte, die Bedürfnisse meines Körpers, meines emotionalen Wohlempfindens und meiner inneren Ruhe zu ignorieren. Und es musste einerseits so etwas wie einen Sekundärvorteil geben, so „busy“ zu sein und andererseits ein Verbot bzw. einen inneren Widerstand, „Nichts zu tun“ zu sein.

„Erst in der Stille und Ruhe gelingt ein Blick in die eigene Tiefe. Es gibt Zeiten in denen wir, um uns überhaupt am Leben zu erhalten, die Hände in den Schoss legen müssen und gar nichts tun. Für einen Menschen, der sich hat von seiner Aktivität aussaugen lassen, gibt es nichts Schwierigeres, als still zu sitzen, zu ruhen und nichts zu tun. Der bloße Akt des Ruhens ist für ihn das Schwerste, das am meisten Mut erfordert.“ Thomas Merton, Franziskaner Mönch

Die klassischen inneren Antreiber (sei stark, sei perfekt, mach es allen Recht, beeil dich und streng Dich an) werden noch ergänzt durch individuelle, mentale Muster (Beliefs), wie: „Ich gebe mein Bestes, aber es ist nicht genug“ oder „Ich gebe nie auf“, die tief in unserem Unterbewusstsein (Gehirn & Körper) einprogrammiert sind. Sobald diese Muster aufgelöst sind, fällt es uns leichter die sogenannte „Work-Life-Balance“ zu erreichen. Das heisst, Burnout beginnt im Kopf und muss auch hier primär aufgelöst werden, damit eine nachhaltige Verhaltensveränderung überhaupt möglich ist.  Solange die der Burnout-Problematik zugrunde liegenden Überzeugungen  bestehen bleiben, nutzen weder ärztliche Verschreibungen von Medikamenten noch Wellness Kuren in Spa-Umgebung. Erst wenn die tieferen Ursachen des Ausbrennens erkannt und beseitigt werden, können die körperlich-energetischen Behandlungen dabei unterstützen, in ein optimales Gleichgewicht zwischen Lebensfreude, Leistung und Regenerationsfähigkeit zu kommen

„Ich bin arbeitswütig und liebe den Streß. In der Bademodenabteilung eines Münchener Kaufhauses bin ich zusammengebrochen, weil es dort so ruhig war.“  Elke Heidenreich –  dt. Autorin u. Moderatorin

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